Sorbische/Wendische Bräuche in der Niederlausitz

Die Sorben/Wenden im Spreewald feiern ihre kulturelle Identität durch traditionelle Feste und Bräuche. Sorbische/wendische Hochzeiten, Erntedankfeste und sorbische Fastnacht sind nur einige Beispiele.

Diese Veranstaltungen sind nicht nur kulturelle Ausdrucksformen, sondern bieten auch einen Einblick in die reiche sorbische/wendische Folklore. Wir nehmen Sie mit auf eine kleine Reise durch die verschiedenen Bräuche im Jahresverlauf.

Neujährchen

Dies sind aus Salzteig hergestellte Figuren, die am Neujahrsmorgen dem Futter des Viehs beigegeben wurden. Sie dienten ursprünglich zur Versorgung der Tiere mit Mineralien in der Winterzeit. Später wurden sie als Talisman und Geschenk für Familienmitglieder umgewidmet. Sie sollten Gesundheit und Glück für das neue Jahr bringen und auch entsprechend der Darstellung einen Symbolgehalt beinhalten.

So stand die Kuh für reichlich gute Milch, die Katze für Weiblichkeit, die Igelfamilie für Familienzusammenhalt, die Brezel für genügend Lebensmittel, der Plon (Drachen) für genügend Geld im Haushalt, der Hirsch für Männlichkeit.

Woklapnica

Auf dieser öffentlichen Gemeindeversammlung zum Jahresbeginn wird ein Resümee über das vergangene Jahr gezogen. Die Bezeichnung ist abgeleitet von „wótklapowaś“ – abklopfen. Im Ortsteil Klein Oßnig/Wóseńck der Stadt Drebkau/Drjowk heißt diese Rechenschaftslegung „Pśepijank“ (Zechtag).

Vogelhochzeit

Dieser Brauch wird jährlich am 25. Januar gefeiert. Es ist ein Brauch, bei dem man ursprünglich seiner Ahnen gedachte, von denen man glaubte, sie würden als Seelenvögel im Winter durch die Lüfte schwirren. In den 1970er Jahren wanderte der Brauch aus der Oberlausitz in die Niederlausitz und wird dort seitdem gern in Kindergärten und Schulen gefeiert. Bei den Feierlichkeiten kleiden sich Braut und Bräutigam gern entsprechend der sorbischen/ wendischen Trachten als Brautpaar. Die Gäste kommen in Vogelkostümen, gratulieren. Oft gehen die Kinder vorher heischen und feiern anschließend mit Naschwerk. Dazu wird dann ein sorbisches Programm zum Thema mit und für die Kinder gestaltet.

Seit einigen Jahren kommt auch das Sorbische Nationalensemble nach Cottbus/Chóśebuz und führt das Theaterstück "Die Vogelhochzeit" für die Kinder aus sorbischen/wendischen Einrichtungen oder Schulen mit Sorbisch-Unterricht in sorbischer/wendischer Sprache auf. In der Oberlausitz gibt es zur Vogelhochzeit traditionell noch das typische Gebäck in jeder Bäckerei - die Elster als Symbol für die Vogelhochzeit. In der Niederlausitz hat sich diese Tradition nicht durchgesetzt.

Das Zampern

Dies ist ein Vorfrühlingsbrauch, der mit Lärm und Maskierung den Winter mit seinen bösen Geistern vertreiben sollte. Die Anfänge finden sich bereits im Mittelalter beim sogenannten Schomberrennen in der Oberlausitz, bei dem um Bier geheischt wurde.

Der Brauch des Winteraustreibens war aber in ganz Europa verbreitet. Die Kostümierung sollte die wahre Person vor den bösen Wintermächten schützen. Tierverkleidung wie Storch oder Bär symbolisieren den Sommer, den Winter dagegen der Schimmel und der Erbsbär. Es gibt auch die doppelte Person und die Eierfrau. Mit dem Lärm der Kapelle sollte der Frühling geweckt werden.

Fastnacht

Meist eine Woche nach dem Zampern findet der Zupust statt. Dies ist aber durchaus in den Dörfern unterschiedlich geregelt und richtet sich nach der Verfügbarkeit der Gaststätte. Eröffnet wird der Zapust mit einem Tanz im Saal der dörflichen Gaststätte. Typisch sind die Festtagstracht der Mädchen und das Fastnachtssträußchen bei den Burschen.

Bei der wendischen Fastnacht gibt es durchaus verschiedene Abläufe der Vorbereitung des Auftaktes. Allen gemeinsam aber ist, dass sich die ledige Dorfjugend an einem vereinbarten Termin festlich gekleidet, die Mädchen in wendischen Trachten und die Burschen in einem schwarzen Anzug mit Hut und Fastnachtsstrauß, gegen 9 oder 10 Uhr in der dörflichen Gaststätte einfindet. Auch die Kapelle und der Fotograf stehen dort schon parat.

Info

Ich bin ein Infotext

© Peter Becker

Nachdem sich die einzelnen Paare in ihren herrlichen Trachten fotografieren ließen, stellen sich alle zum Gruppenfoto auf. Anschließend schreiten die Paare in einem langem Festumzug, allen voran die Blaskapelle und der Jugendführer manchmal mit einem Symbol in der Hand, ins Dorf und beehren die Einwohner mit einem Tänzchen. Man wird bewirtet und bedankt sich mit einem Schnäpschen für den Tanz und die Ehre. Sind alle im Dorf besucht worden, trifft man wieder in der Gaststätte ein, um sich zum abendlichen Tanz zu versammeln. Hierzu sind alle Dorfbewohner eingeladen. Die neu aufgenommenen Jugendlichen, ab dem 14. Lebensjahr, d.h. nach der Konfirmation oder Jugendweihe, werden jetzt auch “eingetanzt” und festlich in der Dorfjugend aufgenommen.

Eine Woche später folgt dann noch einmal der “Eierkuchenball”, wo die eingezamperten Lebensmittel zubereitet werden und anschließend wiederum beim Tanzabend verspeist werden. Die wendische Fastnacht/Zapust hat also in der Niederlausitz eine besondere Komponente, die des festlichen Umzuges der Dorfjugend in den wendischen Trachten. Sie weist zudem noch die Brauchelemente des Zamperns der Jugend, der Männerfastnacht und manchmal auch der verheirateten Frauen, die sogenannte “Weiberfastnacht” und den “Eierkuchenball” auf. Gibt es eine Jubiläumsfastnacht im Dorf zu feiern, etwa zum 120. Mal, dann lädt man alle ein, die jemals im Dorf die wendische Fastnacht miterlebt haben und dann dürfen auch die verheirateten Paare zum Festumzug der Jugend mitmarschieren. Mit der Fastnachtfeier hat der Winter “ausgedient” und auch die Spintezeit für die ledigen Mädchen findet ihr Ende. Die Vorbereitungen auf das Osterfest beginnen und die Fastenzeit fängt an.

Ostern

Das christliche Osterfest ist bei den größtenteils evangelischen Sorben/Wenden der Niederlausitz das größte Fest des Jahres überhaupt. Dennoch weist es die meisten heidnischen Elemente wie Feuer, Eier, Grünes, Erde und Wasser im Zusammenhang mit den Brauchhandlungen auf. Ja sogar der Termin der Tag-und-Nacht-Gleiche und der erste Vollmond weisen auf einen Naturkult aus vorchristlicher Zeit hin.

© Peter Becker

Ostersingen

Schon während der Fastenzeit ziehen die Mädchen der Spinn-stube an den Wochenenden jeweils Sonnabendabend oder direkt in der Nacht zum Sonntag durch die wendischen Orte und singen kirchliche Lieder. Dazu tragen sie die dunklen Kirchgangstrachten. In einigen Orten wurde dieser Brauch auch nur in der Nacht zum Palmsonntag und zum Ostersonntag durchgeführt. Die Mädchen singen vor den Häusern der Einwohner und erhalten dafür Kuchen und Getränke. Die Lieder selbst sollen die Hausbewohner für das folgende Jahr schützen, weshalb man so viel Strophen sang, wie Bewohner im Hause lebten.

© Peter Becker

Gründonnerstag

Am grünen Donnerstag sollte der Bauer sein Feld bestellen oder wenn die Witterung dies zu Ostern nicht zu ließ, am Tag der grünen Marie, dem 25. März. Das sollte ihm eine gute Ernte versprechen. Ein noch besseres Mittel dafür war aber, wenn er gekochte Eier am Feldrand aß und die Schalen an allen vier Ecken des Feldes der Erde beigab und ein Kreuz darüber malte. Gleichsam schritt er dabei seine Feldflur ab und erweckte die Erde aus dem Winterschlaf. An diesem Tag sollte man auch viel Grünes essen, wovon man sich versprach, die frische Kraft des Frühlings in sich aufzunehmen.

Karfreitag oder stiller Freitag

Dieser Tag war dem Tod Jesus gewidmet und wurde in aller Ruhe verbracht. Das hieß auch, dass alle schweren und lauten Arbeiten an diesem Tag ruhen mussten. Man versammelte sich im Familienkreis, gedachte auch der eigenen Verstorbenen und bemalte in traditioneller Weise die Ostereier, die man am Ostersonntag verschenkte und aß. Die am weitesten verbreitete Technik des Verzierens ist die der Wachs-Batik-Technik, die aber in der Vergangenheit ziemlich einfach gehandhabt wurde. Mit Wachs und Federkiel tupfte man mittels erwärmten Wachses Symbole auf das rohe Ei und legt es anschließend in einen Färbesud aus Zwiebelschalen. Dabei wurden die Eier gleich gekocht und auch das Wachs löste sich durch das heiße Wasser wieder vom Ei. Heute gibt es zierliche Muster und eine große Farbenfreude bei den sorbischen/wendischen Ostereiern, weshalb die Sorben/Wenden ziemlich berühmt durch diese Volkskunst geworden sind. Es gibt auch noch weitere Techniken wie die der Wachs-Bossier-Technik, der Ätztechnik und des Kratzens. Die Symbole hingegen wünschten dem Essenden oder Beschenkten, Schutz, Gesundheit und Lebenskraft.

Ostersonnabend und -sonntag

Auch der Ostersonnabend wurde in aller Ruhe verbracht, da er der Vorbereitung auf die Osternacht und den Ostersonntag gewidmet war. Mit dem Dunkelwerden machten sich die Ostersängerinnen auf den Weg durch das Dorf. Um Mitternacht wurden durch die Burschen das Osterfeuer entzündet. Auch dieses Feuer hatte einen Zweck. So glaubte man, je weiter das Feuer leuchtet, umso mehr ist alles vor Blitzschlag und Feuergefahr gefeit. Das Feuer selbst assoziierte man mit der Sonne, die ab dieser Zeit höher steigen wird. Als Mutprobe galt für

die Buschen, über die Glut hinweg zu springen. Während des Feuers gingen die Burschen aber auch den Mädchen hinterher, die sich ihrerseits auf den Weg zu einem Fließ gen Osten aufmachten, um Osterwasser zu schöpfen. Das Wasser sollte Heilwirkung besitzen und Schönheit spenden, es sollte über das Jahr nicht verderben. Wurden die Mädchen aber von den Burschen überrascht und lachten oder sprachen gar, war es Plapperwasser und die Wirkung vernichtet.

Am Ostersonntag ging Jedermann natürlich zum Gottesdienst in die Kirche. Hier konnte man auch das Osterwasser mitnehmen und segnen zu lassen. Nach dem Ostergottesdienst machten sich die Patenkinder zu ihren Paten auf, um die Patengeschenke: gekochte Eier und eine Ostersemmel zu erhalten. In den nördlichen Gebieten der Niederlausitz sagte man “Pingel holen” dazu, im zentralen Gebiet hieß es “nach den roten Eiern gehn”. Im Jahr der Konfirmation oder Ju gendweihe, manchmal auch schon ein Jahr davor, gingen die Patenkinder zum sogenannten “Abdanken” und erhielten ein größeres Geschenk oder Geld von den Paten, womit ihr Dienst zu Ostern endete.

Mit den Eiern zu Hause zurück, gab es ein Kinderspiel, das sogenannte Waleien. Eine aufgeschüttete oder ins Erdreich eingelassene schiefe Ebene wird zum Kullern der gekochten Eier verwendet. Wer das Ei eines anderen getroffen hatte, durfte es behalten. Aber der Glaube, dass das Ei als Fruchtbarkeitssymbol über die Erde gerollt wird, um diese Kraft auf die im Winter gefrorene Erde zu übertragen, steckt im Volksglauben dahinter, ähnlich wie bei den Handlungen des Bauern am Gründonnerstag.

In der katholischen Lausitz sind Reiterprozessionen nach dem Kirchgang üblich. Es werden kirchliche Symbole ausgegeben und singend begrüßen die Reiter den Frühling und verkünden die Botschaft der Auferstehung. Sie ziehen in den Nachbarort und werden dort von den Bewohnern bewirtet. Das Zeremoniell umfasst einen Kreis, der magische Wirkung für das kommende Frühjahr haben soll und für alle Glück bringen soll. In der Niederlausitz gibt es nur einen Ort, wo dieser Brauch trotz evangelischen Glaubens wieder eingeführt wurde, nämlich in Zerkwitz/Cerkwica (zu Deutsch = Kirchort). Auch hier bildet der Umzug einen Kreis und gilt als Frühjahrsabschreiten der eigenen Flur.

Das Wochenende nach Ostern wird als kleine Ostern oder weiße Ostern bezeichnet. Wer sich zum großen Osterfest in den Familien nicht einfinden konnte, wird jetzt zum Resteessen eingeladen. Nach den vielen Osterfeierlichkeiten beginnt die Vegetationsphase in der Natur und die landwirtschaftlichen Arbeiten des Bauern nehmen seine ganze Aufmerksamkeit ein.

Johannisreiten

Als Mittsommerbrauch wird das Johannisreiten nur noch in einem Dorf der Niederlausitz, in Kahsel/Kózle bei Drebkau/ Drjowk durchgeführt. Dazu versammeln sich die Mädchen der Dorfjugend schon vor diesem Fest um den Johannistag, um unzählige Mengen Kornblumen zu sammeln. Diese fädeln sie auf lange Schlangen auf und schmücken damit am Festtag den heiligen Johannis. Dieser wird vollständig umhüllt mit diesen blauen Girlanden und trägt auf dem Kopf eine Binsenkrone, geschmückt mit bunten Blumen des Gartens sowie mit Seerosen. Derartig geschmückt, trifft man sich zum Fest vor der kleinen Dorfkirche und zieht gemeinsam auf den Festplatz außerhalb des Dorfes.

Die Burschen und der Johannis sind hoch zu Pferde, die Kapelle und die Mädchen laufen vor ihnen. Die weibliche Jugend ist eingekleidet in weiße Kleider und Schärpen über der Schulter in den sorbischen/wendischen Farben Blau, Rot und Weiß. Auf dem Festplatz angekommen, werden alle Besucher mit einer Rede herzlich begrüßt und die Reiterspiele beginnen. Der Johannis reitet nun mit seinen Begleitern von einer Seite des Festplatzes zur anderen. Dabei werden die Reiter immer weniger. Wenn dem Johannis nur noch drei oder zwei oder nur ein Begleiter schützend zur Seite sind, werden die Gäste des Festes schon mutig und versuchen, den Johannis aufzuhalten, um ihn vom Pferd zu holen und ihn seiner Kornblumen zu berauben. Wer gar die Binsenkrone für sich gewinnt, holt für sein Dorf und seine Familie den Sommer und damit Glück ins Haus. Das Fest endet mit dem abendlichen Tanz in der Gaststätte.

Erntebräuche

Nach dem Hochsommer und der schon längst erfolgten Heuernte beginnt die eigentliche Erntezeit gegen Ende August, Anfang September. Allgemein bezeichnet man die Ernte einer Gemüseart heute noch als Kokot. Aber auch der Hahn heißt wendisch kokot und wurde früher mit dem Wachstumsgeist symbolisiert, den man nach der Ernte vernichten muss, damit er im neuen Jahr mit neuer Kraft eine neue gute Ernte bescheren kann. Die ältere Art beider Bräuche ist das Hahnschlagen. In den Dörfern des zentralen Siedlungsgebietes der Niedersorben/Wenden finden heute noch die traditionellen Erntebräuche zabijanje kokota/Hahnschlagen und łapanje kokota/ Hahnrupfen statt. Den Auftakt macht am letzten Augustwochenende immer die Jugend aus Burg/Bórkowy mit dem Hahnrupfen.

© Peter Becker

Hahnschlagen

Heute wird längst kein Hahn mehr erschlagen, dieser sitzt vielmehr in einem Käfig neben dem gesamten Treiben. Die Mädchen finden sich wiederum in ihren Festtagstrachten auf dem Festplatz ein. Die Burschen tragen meist ein weißes Hemd und schwarze Hosen. Nach dem einem Burschen die Augen verbunden wurden, er ordentlich herumgedreht wurde, muss er mit einem Dreschflegel einen umgedrehten Topf erwischen. Das machen alle Burschen hintereinander und man ermittelt dabei den geschicktesten. Dieser wird dann Erntekönig, sorbisch/wendisch kral genannt. Anschließend lässt man den Hahn frei, welcher wieder eingefangen werden muss.

Auch die Mädchen ermitteln ihre Königin. Dazu gibt es ebenfalls einen kleinen Wettkampf, das so genannte Fröschekarren. Die Mädchen müssen über eine Distanz mit einem Leiterkarren einen Frosch befördern. Natürlich nimmt man heute aus Tierschutzgründen meist keinen lebendigen Frosch mehr, sondern einen Spielzeugfrosch oder aber einen Burschen oder Heuballen. Allemal ist es ein Geschicklichkeitslauf, bei dem die Königin, die kralowka, ermittelt wird. Am Abend eröffnen König und Königin den Tanz.

© Peter Becker

Hahnrupfen

Die Reiterwettkämpfe beim Hahnrupfen künden aber von der Geschicklichkeit der Burschen. In einem mit Eichenlaub umwundenen Tor wird ein toter Hahn kopfüber neben kleinen Trostpreisen herab gehängt. Flügel und Hals sind bereits angeschnitten, damit es leichter wird, sie zu erhaschen. Die Reiter reiten nun im Galopp durch das Tor und versuchen zuerst den Kopf, dann die Flügel zu ergreifen. Wer zuerst den Kopf erwischt, wird Erntekönig. Wer die Flügel erhascht, wird zweiter und dritter König. Wieder sind die Mädchen in ihren schönen Festtagstrachten anwesend und unterhalten gemeinsam mit der Kapelle alle Besucher mit Liedern und Tänzen. Die Wettkämpfe der Mädchen sind ähnlich denen zum Hahnschlagen, können aber in den Dörfern variieren. Mancherorts erwählt der Erntekönig seinen König auch nur mit verbundenen Augen. Sind die Paare der Sieger ermittelt, zieht man gemeinsam mit den Besuchern, allen voran die Kapelle, zum Dorfgasthof zurück, um abends zu tanzen.

© Peter Becker

Kirmes

Nach dem die Ernte eingebracht ist und die Scheunen gefüllt sind, wird Kirmes gefeiert. Hierzu lädt man alle Verwandten ein und bedankt sich gemeinsam mit ihnen für die gute Ernte. Vorwiegend kommen dann Gäste aus der Stadt, die sich mal tüchtig den Bauch vollschlagen können. Ein Sprichwort sagt dazu: “Nach der Kirmes hast du leere Töpfe und beschmierte Wände.”

© Peter Becker

Spinte

Als nächster Brauch im Jahreszyklus folgt die Spinte, die man früher als “Konversationsstuben” der ledigen Mädchen in der Lausitz bezeichnete. Tatsächlich gingen die Mädchen, die in der Dorfjugend aufgenommen waren, ab dem Andreastag oder dem Michaelstag zur Spinte. Diese fand jeweils bei einer Bäuerin, die ein Mädchen im selben Alter hatte, statt. Die Mädchen gingen in ihren guten Arbeitstrachten allabendlich von 18:00 bis 21:00 Uhr in die Spinte, um dort Garn aus Flachs zu spinnen, ihre Aussteuer herzustellen oder andere Handarbeiten zu verrichten. Dabei wurde nicht nur die Tagesnachrichten ausgetauscht, Märchen und Geschichten erzählt, sondern vor allem viel gesungen und auch die Lieder für das Ostersingen geübt. Höhepunkte in der Spintezeit waren jeweils der Beginn der Spinte, der Abschlussabend vor Weihnachten, wo es eine Spinnverbot gab, der so genannte “dopalowak” (der Verbrenner) und der Abschlussabend im Vorfrühling vor der Fastnacht. Dazu wurden dann auch die Burschen willkommen geheißen. Sie sorgten für Getränke und Unterhaltung, während die Mädchen für die Speisen verantwortlich waren.

© Lena Tschuikow - spreewald.de

Advent und Weihnachten

Mit der Spintezeit folgt die Adventzeit und das Weihnachtsfest. Wie bei allen großen Festen gibt es eine Vorbereitungszeit. Noch im 18. Jahrhundert waren die Burschen hier auch mit Umzügen unterwegs und machten allerlei Schabernack im Dorf. Dazu trugen sie Kostüme des Winters, besonders des Bären und des Ruprechts und überraschten vor allem die Mädchen. Heute kennen wir die Umzüge mit Kostümierung nur noch zum Zampern. Das Weihnachtsbrauchtum selbst ähnelt heute dem der deutschen Weihnacht. Dennoch kannte man statt des Weihnachtsbaumes in der Niederlausitz den Drehbaum, der wie eine Pyramide statt des Weihnachtsbaumes früher in den Stuben stand.Auch kam zwar der Ruprecht/ruprajcht zu den Kindern am Heiligen Abend, aber insbesondere in einigen Dörfern um Schleife/Slěpe kommt heute noch das Bescherkind/źiśetko. In Jänschwalde/Janšojce kommt der Janšojski bog.

© Peter Becker

Es hat ein verhülltes Gesicht mit Bändern der Festtagstracht, auch trägt das Mädchen Handschule und spricht nicht, damit es nicht erkannt wird. Es trägt ein Glöckchen in der einen Hand und eine geschmückte Rute in der anderen. Früher handelte es sich meist um ein Mädchen, was die Spinte verlassen würde, sprich im nächsten Jahr die Ehe einging und somit nicht mehr zur Dorfjugend gehört. Das Bescherkind hatte zwei Begleiterinnen, die an ihrer statt redeten. Die Kinder trugen Gedichte und Lieder vor und erhielten dafür Lebkuchen, Nüsse und Äpfel.

Als Weihnachtsgeschenke der Eltern gab es keine großen Geschenke wie heute, vielmehr nützliche Kleidung. Spielsachen waren überhaupt eher selten oder waren zum Spielen für alle Kinder bestimmt. Oft genug konnte nur in der Weihnachtszeit gespielt werden und eigens dafür wurde dann erst die Puppenstube oder Pferdewagen vom Boden geholt. Ansonsten bestimmte tägliche Arbeit den harten Alltag der Kinder, der in der Weihnachtszeit kurze Unterbrechung fand.