Sorbische Sagen

Des Spreewalds dunkle Wasserarme, unergründlichen Wälder und mystischen Nebel beflügeln die Fantasie. Es gibt viele Sagen im Spreewald - ob wahr oder erdacht, sie alle spiegeln die spannende Geschichte der Gegend wieder. Die Mythologie besagt zum Beispiel, dass der Teufel die Region erschaffen habe. Mit zwei großen schwarzen Ochsen vor einem Pflug soll er herbeigeschritten sein, um damit das Bett der Spree aufzubrechen.

Doch die Tiere weigerten sich, zogen mal nach rechts, dann nach links. Schnell verlor der Teufel die Geduld und zog sich brüllend in die Hölle zurück. Das Ochsen-Gespann jedoch jagte weiter, unaufhörlich Hunderte von Gräben ziehend, ehe es ebenfalls verschwand. Zurück blieb die einzigartige Fließlandschaft des Spreewalds, deren Entstehungsgeschichte so bis heute geheimnisvoll bleibt.

Der Schlangenkönig im Spreewald

An den Giebeln alter Häuser im Spreewald befindet sich das Symbol zweier gekreuzter Schlangen. Sie stehen für den Schlangenkönig, der die Bewohner schützen soll. Viele Sagen im Spreewald ranken sich um ihn. Die bekannteste erzählt von einem Grafen, der die goldene Krone des Schlangenkönigs stehlen wollte. Er sah, wie dieser häufig auf einer Lichtung mit anderen Schlangen spielte und stets vorher die Krone auf einem hellen Fleck ablegte. Eines Tages breitete der Graf ein weißes Tüchlein auf der Lichtung aus und versteckte sich. Der Schlangenkönig kam, legte die Krone auf das Tuch und wendete sich dann den anderen Schlangen zu. Der Graf nutzte den Moment, ergriff Tuch und Krone und ritt mit seinem Pferd davon. Die Schlangen folgten ihm, doch er sprang über eine Mauer und entkam. Der Graf war fortan ein reicher Mann und wählte die Schlangen zu seinem Wappentier.

Die Mittagsfrau im Spreewald

Wehe dem Bauern, der in der heißen Mittagszeit weiter auf dem Feld arbeitet! Glaubt man einer weiteren Sage im Spreewald, so erscheint ihm die Mittagsfrau. Sie schwingt ihre Sense und fordert den Unglücklichen auf, eine Stunde lang Geschichten über Flachs zu erzählen. Ist der Bauer tüchtig und kennt sich aus, so gelingt ihm dies und er wird verschont. Wer jedoch weniger bewandert ist, der stirbt durch den „Hitzeschlag“ der Mittagsfrau.

Der Wassermann im Spreewald

Die Fließe im Spreewald sind das Reich des Wassermannes. Der Sage nach lebt er hier mit seinen schönen Töchtern. Die Familie mischt sich auch unter die Landbevölkerung. Den Wassermann erkennt man dabei am nassen Saum seines Mantels. Er treibt gern Handel und das von ihm beherrschte Wasser wird als Quell des Lebens im Spreewald geschätzt. Die schönen Töchter tanzen oft auf Volksfesten und locken danach manch Arglosen in das Reich der Nixen. Diese und ähnliche Sagen im Spreewald dienen Kindern auch als Warnung vor den Gefahren der Fließe.

Die Lutki im Spreewald

Zu den kleinsten Bewohnern der großen Spreewälder Sagenwelt zählen die Lutki. Sie leben unter der Erde, da ihre Ohren das Kirchengeläut nicht vertragen. Manchmal jedoch erscheinen sie bei den Menschen, um sich etwas zu borgen. Der Angesprochene sollte dann mit den sprachlichen Besonderheiten der Lutki vertraut sein. So verneinen sie, obwohl sie das Gegenteil meinen: „Wir möchten uns keinen Backtrog borgen, weil wir heute nicht backen möchten.“ Wer ihnen das Gewünschte leiht, erhält bei Rückgabe einen kleinen Fladen Brot. Eine weitere Sage im Spreewald berichtet zudem, dass die Lutki den Frauen bei der Wirtschaft helfen und ihnen über Nacht die Häuser säubern.

Der Glücksdrache (Plon) im Spreewald

Wenn Sie in der Abenddämmerung durch den Spreewald spazieren, schauen Sie zwischendurch nach oben – vielleicht entdecken Sie auf einem Haus- oder Scheunendach den Plon.
Die Sage vom Glücksdrachen oder Gelddrachen (sorbisch/wendisch: Plon) ist im Spreewald bis heute weit verbreitet. Der kleine Plon lebt, wenn man Glück hat, auf dem Dachboden eines Hauses und muss von seinen Bewohnern jeden Tag mit Hirsebrei oder Keksen gefüttert werden. Wenn der Plon satt und zufrieden ist, bringt er den Bewohnern des Hauses Reichtum und Glück.

Die Irrlichter im Spreewald

Der Name Lausitz geht auf das sorbische Wort „Luza“ zurück, das bedeutet Pfütze, Lache, Sumpf. Damit ist besonders die Niederlausitz gemeint. Morastige Gräben, versumpfte Wiesen, verwachsenes Bruchland, von Erlen und Pappeln gesäumt. Dazu oft ein die ganze Landschaft überflutendes Hochwasser. So zeigte sich der Spreewald einst und brachte den Menschen Sorgen und große Gefahren. Sumpfgase entstiegen dem Faulschlamm, entzündeten sich gelegentlich und verrottende Baumstümpfe mit Leuchtmoosen phosphoreszierten grünlich. Wenn dann auch noch leuchtende Spuren der Glühwürmchen durchs Gebüsch gaukelten, glaubten die Bewohner, dass all diese Lichtzeichen kleine Dämonen seien. Aber auch, dass sie dem Menschen, der sich verirrt hatte, helfend zur Seite stünden. Wenn sie allerdings keinen Dank dafür anhand von einigen Münzen bekamen, spielten sie dem Geizigen manchmal Schabernack.

Der Sorbenkönig

Monarchien waren früher zumeist die Staatsformen. Auch die slawischen Volksstämme in unserer Gegend hatten einst ihre Fürsten und Herrscher. Durch die von Westen her vordringenden Heere der germanischen Stämme standen sie jahrhundertelang in Kämpfen und verloren schließlich Land und Herrschaft. Nur die Sorben erhielten sich über ein Jahrtausend ihre Sprache und ihr Volkstum. In der Lausitz gibt es Sagen über einstige Sorbenkönige. So soll der Schlossberg bei Burg einem sorbischen König als Zufluchtsstätte gedient haben, nachdem er Heer und Herrschaft verloren hatte. Hier, zwischen Wasser, Sumpf und Wald, habe er sich ein Schloss gebaut. Es sei aber in der Tiefe des Berges versunken. Seitdem warten seine Schätze darauf, dass es einem Menschen gelingt, sie zu heben.